Magazin › Foren › culture surfer › Interview mit Philipp Koch über die Kuration der Ausstellung No1
Stichwörter: Galerist, Interview, Kurator, Philipp Koch
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eine ebenso anstrengende wie erfolgreiche Ausstellung
Autor Burgy ZappSummaryDer Künstler Burgy Zapp interviewed seinen Kurator nach der ersten und überaus erfolgreichen Ausstellung No1. Der Kurator Philipp Koch ist auch ein Schriftsteller-Freund des Künstlers. Ein außergewöhnliches Interview.Burgy Zapp: Die Ausstellung von Burgy Zapp lief ja etwas anders ab, als man das sonst so gewohnt ist. Können Sie uns einen Einblick in die Konzeption geben?Philipp Koch: Das Konzept – wir haben das leider am eigenen Leib erfahren, als wir die Einladungen verschickten – scheint so ungewöhnlich zu sein, dass es viele verwirrt. Die Idee war, zur Einführung des Künstlers Burgy Zapp in den Kunst-Markt, eine Aktion zu machen, bei der zum einen den Freunden und Bekannten des Künstlers die Möglichkeit gegeben werden sollte, sich eines der Werke zu sichern, zum anderen eine Sonderausstellung zu kuratieren, die das exzessive Gesamtwerk von acht Jahren mit Schwerpunkt Zeitgenössischer Impressionismus sowie verwandten Werkstilen und Phasen abbildet.
Burgy Zapp: Bevor Sie gleich in die Details der Ausstellung hineingehen, würde ich Sie bitten, ein wenig zu erklären, wie Sie das Archiv gesichtet haben?Philipp Koch: Der erste Versuch einer Sichtung ist gescheitert. Man kann das wirklich nicht anders sagen. Ungefähr acht Stunden verbrachten der Künstler und ich auf einem Sofa und haben uns von Ordner zu Ordner durch einen unglaublich wüsten und absolut unsortierten Haufen von Kameragemälden gewühlt. Es hatte den Namen Archiv noch nicht verdient, es gab lediglich alle guten Kameragemälde gemischt mit anderem Bildmaterial auf einer Festplatte. Dennoch haben wir in diesen acht Stunden – was mir im Nachhinein selbst etwas unheimlich vorkommt – eine erste Vorauswahl getroffen. Die digitale Archivierung hat sich in den daran anschließenden Tagen als echter Segen herausgestellt. Anders wäre eine Gesamtsichtung, die ich dem Künstler zu seinem eigenen Besten aufgezwungen habe, einfach nicht möglich gewesen.
Burgy Zapp: Was war für Sie besonders wichtig, als Sie die Auswahl vorgenommen haben?Philipp Koch: Wie bereits angemerkt, war eines der Ziele, welches wir mit der Ausstellung verfolgen wollten, die Abbildung des Gesamtwerks. Ein Oeuvre von ungefähr acht Jahren birgt aber natürlich einige – wiewohl hoch interessante – Schwierigkeiten. Da ist zum einen die progressive Entwicklung der Arbeits-Technik bzw. des reinen Handwerks. Diese ist immer zu beobachten, allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass sie vor allem für Künstler untereinander interessant ist. Ein Kunstwerk lebt nie von der Technik allein. Wichtiger ist das Einfangen einer Stimmung, einer Schwingung, eines Gefühls oder einer Idee. Der Betrachter muss angesprochen sein von dem was er sieht, er muss dialogisch in Beziehung treten mit dem Werk, muss irgendwie – intellektuell, emotional, wahrnehmend oder aus seinem eigenen Erfahrungsschatz heraus schöpfend – eine Verbindung mit dem Werk eingehen können. Ein zuviel an Technik kann dabei durchaus störend wirken. Neben dem Gesamtwerk als solchem hatte ich als Kurator auch im Blick, eine möglichst konzise und in sich schlüssige Hängung und Einteilung zu finden. Eines Nachts, nach nochmaligem Sichten mehrerer hundert Werke bin ich auf die Idee mit den Farben gekommen. Das hat sich als wirklich glückliche Eingebung herausgestellt (siehe Information zur Sortierung).
Burgy Zapp: Haben Sie sich mit dem Künstler gestritten? In wieweit unterscheiden sich ihre Präferenzen?
Philipp Koch: Ja, ich streite mich generell immer mit den Künstlern. Es ist beinahe prinzipiell so, dass Künstler eine andere Präferenz haben als Galeristen und Kuratoren. Manchmal sind es unterschiedliche Ansätze zur Kunst, manchmal verkaufstechnische Präferenzen, manchmal konzeptionelle Ideen. Meiner Erfahrung nach haben die meisten Künstler in der Bewertung ihres Werkes zwei positive Defizite: sie sind dem verhaftet, was sie gerade tun und sie haben eine eigene, schaffende Erfahrung mit jedem Bild, der einen objektiven Zugang zu ihrer eigenen Arbeit über die Jahre erschwert. In diesem Fall kamen noch einige andere Aspekte dazu. Zum Beispiel konnte ich aufzeigen, dass Burgy tatsächlich eine ganze Reihe vorzüglicher Architektur-Kameragemälden gemacht hat, etwas, von dem er selbst immer der Meinung war, dass er es weder je gemacht hätte, noch dass es ihn interessieren würde. Für mich ist die Zusammenarbeit mit den Künstlern gerade wegen den Differenzen immer eine große Bereicherung. Ganz unterschiedliche Auffassungen und Ansätze, Sichtweisen und theoretische Präferenzen müssen diskursiv geklärt werden. Der Künstler stimmt mir zu, dass wir beide um viele Erfahrungen reicher und mit neuen Ansätzen aus den intensiven Gesprächen der Archiv-Sichtung hervorgingen.
Burgy Zapp: Kommen wir zurück zum Konzept. Können Sie uns nun einige Details nennen, wie das Ganze abgelaufen ist?Philipp Koch: Nun sollte jedem die erstmalige Möglichkeit gegeben werden, einen echten Burgy Zapp zu erwerben. Wir haben unglaublich hart kalkulieren müssen, um die 100 Freundschafts-Vintages – mit Rahmen – tatsächlich auch für Künstler und Studenten verfügbar machen zu können. Die Materialien sind dabei qualitativ hochwertig, allerdings nur im Format A4. Angeboten haben wir die Bilder im Vorlauf über einen Onlinekatalog, der nur von Freunden, Bekannten und Besuchern des Künstlersalons Berlin einsehbar war. Zur Vernissage war dann auch schon gut die Hälfte der Werke verkauft bzw. bestellt. Man muss dazu sagen, dass alle Werke nur in einer Auflage von drei herausgegeben werden. Die 2. und 3. Originale sind deutlich teurer, dafür kann das Format in Absprache gewählt werden. Belichtungen auf Wände oder andere Sonderwünsche kosten allerdings extra.
Burgy Zapp: Wie verlief die Vernissage?Philipp Koch: Man macht sich ja nie eine richtige Vorstellung von dem Arbeitsaufwand, der im Vorfeld einer solchen Aktion mit 104 ausgestellten Motiven vonnöten ist. Bei uns kam erschwerend hinzu, dass wir anstelle eines halben Jahres nur knappe drei Wochen Vorlauf hatten. Als dann die Rahmen erst 50 Stunden vor der Vernissage angeliefert wurden, signierten, rahmten und hängten wir einhundert Bilder in einer Nacht. Mein besonderer Dank geht dabei an Herrn Blatow, ohne den ich wohl überhaupt nicht ins Bett gekommen wäre. Die Konzeption der Hängung, die auch als Dokumentation erhalten geblieben ist, stand zu diesem Zeitpunkt natürlich schon fest. Die Vernissage selber war einfach ein Riesenerfolg, besonders für Berlin. Die Besucher haben die Bilder geradezu von den Wänden gerissen oder selbst rote Punkte geklebt, um sich Bilder sichern zu können, noch bevor sie mit mir reden konnten.
Burgy Zapp: Einige Sammler haben sich beklagt, dass sie nicht all ihre Neuerwerbungen sofort mitnehmen können?Philipp Koch: Zu zweit war es schwer genug, überhaupt den Überblick zu behalten und ich bin froh, dass uns nur ein einziger Doppelverkauf unterlaufen ist. Das Signieren und Siegeln der Zertifikate zusätzlich zur Verhandlung der Kaufanfragen zu bewältigen war nicht durchzuhalten. Die Sammler kamen nicht nur um ihre Werke abzuholen, in vielen Fällen haben sie sich zusätzliche Werke spontan gesichert. Brüskierte Interessenten, die nicht damit gerechnet hatten, dass ihre Lieblingsmotive bereits zu Beginn der Vernissage alle vergriffen waren, mussten vertröstet werden. Viele Interessenten waren derart enttäuscht, dass sie sich auch nicht mit anderen Motiven beschwichtigen ließen. Nach meinen Erfahrungen mit solchen Sonderausstellungs-Vernissagen weiß ich, auf einen derartigen Ansturm kann man sich nicht optimal vorbereiten. Je mehr Personen mitarbeiten, desto mehr Zeit kann man darauf verwenden, enttäuschte Interessenten für andere Werke zu begeistern.
Burgy Zapp: Die Ausstellung war ja ausverkauft. Wie viele Tage hingen die Bilder denn überhaupt?Philipp Koch: 3 Tage nach der Vernissage (12.12.) waren alle 100 Freundschafts–Vintage-Originale verkauft. Es war vielleicht die kürzeste Ausstellung aller Zeiten. Durch das „take away“ System waren schon nach der Vernissage deutliche Lücken an den Wänden. Nach dem nächsten Abend (Künstlersalon Berlin 13.12.) hingen nur noch Restbestände (und rote Punkte). Am 14. & 15.12. wurden die Telefongeschäfte getätigt (Ausverkauf) und am 16.12. war alles abgebaut. Das Einzige, was etwas schade ist an dieser Form der Kunstaktion: Ausstellung kann man es ja kaum nennen, weil die Allgemeinheit so wenig Chancen hatte, sich mit dem Gesamtwerk des Künstlers konstruktiv auseinanderzusetzen. Andererseits standen per Konzept Insidergeschäfte und befreundete Sammler / Künstler im Vordergrund. Wer aber so kurz vor Weihnachten bereit war bei Eiseskälte in Berliner Hinterhöfen zu flanieren, hatte auch eine Chance von der Ausstellung zu erfahren. Und so gab es den einen oder anderen spontanen Glücksritter, der sich erfolgreich einen Zapp sichern konnte.
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