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Anonym– Die Fotografie als „Seh-Hilfe“
Eine Excursion von Prof. Wolf WrischDurch die Entwicklung der digitalen Aufnahmetechnik und der Gestaltung am Computer ist die Fotografie zur Motivfindung wieder deutlicher in den Interessenbereich von Künstlern gerückt. Das Foto als Gedächtnisstütze und die künstlerischen Möglichkeiten damit umzugehen, können zu neuen Sichtweisen führen.
Abb. rechts oben: „Blick unter ein Dach“, Acryl, 65 x 50 cm, von Helge Marie Wandel. In diesem Bild kommen zwei Dinge zusammen: der besondere Blickwinkel und eine dem Motiv auch in seiner Ausdrucksqualität entsprechende Technik. Im Idealfall können Techniken zweierlei. Zum einen sollten sie ein gestalterisches Potential haben, also Bilder formal reizvoller erscheinen lassen, und zum anderen sollten sie die abgebildeten Materialien, Oberflächen, Strukturen oder sogar ganze Objekte durch ihre besonderen Eigenschaften charakterisieren. Die Fotografie (Abb. rechts unten), der das Bild von Helge Marie Wandel zugrunde liegt, zeigt eineSituation, die – ohne Kamera vor dem Auge – vermutlich übersehen worden wäre. So aber wurde ein spannender Ausschnitt, ein ungewöhnlicher Blickwinkel und der besondere Charakter der Materialoberflächen sichtbar und als Malanlass verfügbar.Die Möglichkeiten und Grenzen der Fotografie ergeben sich in erster Hinsicht aufgrund der Eigenschaften der Kameraobjektive. Aus welchem Grund Sie auch immer fotografieren, mit einem Zoomobjektiv können Sie nicht nur den optimalen Ausschnitt aus einem größeren Zusammenhang auswählen, Sie können auch – selbst wenn Ihnen das faktisch gar nicht möglich ist, so dicht an Ihr Motiv heran, wie Sie wollen (na gut: im Rahmen der Möglichkeit Ihres Objektivs). Sie können sich die Dinge wie mit einem Fernrohr heranholen (obwohl sie vielleicht unerreichbar am anderen Ufer, am Berghang, hinter einem unzugänglichen Grundstück usw. liegen) und Sie können sich mit dem Weitwinkelbereich des Objektivs einen größeren Abstand dazu schaffen. Diese Dinge sind aber nur so etwas wie eine Steigerung der ohnehin verfügbaren Möglichkeiten, sie sind jedoch nichts qualitativ anderes.
Die Fotografie kann tatsächlich weit mehr, als das Sehen ein wenig zu optimieren. Sie kann durchaus qualitativ Neues zeigen. Sie kann beispielsweise in extremen Vergrößerungen Details sichtbar machen, die mit dem bloßen Auge nicht erkennbar sind: Sie kann mit besonderen Aufnahmegeräten und -materialien quasi in das Innere von Objekten hineinschauen und durch extrem kurze Belichtungszeiten Phasen von Bewegungsabläufen festhalten, die ohne den Fotoapparat nicht wahrnehmbar wären. Dadurch ist dem Fotoapparat als Werkzeug für den Maler eine besondere Rolle zugewachsen. -
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